Donnerstag, 28. August 2008

Physik im Straßenverkehr (2)

So, nachdem Begriffe wie Geschwindigkeit, Beschleunigung, Masse, Trägheit und Kraft wieder in Erinnerung gerufen bzw. neu erklärt wurden, haben wir fast alles zusammen, um uns etwas vertiefter mit der Physik im Straßenverkehr auseinander zu setzen.
Dafür müssen wir noch einen Doppelbegriff klären:

Energie / Arbeit:
Oft hört man von Energien. Manchmal sogar von positiven und negativen Energien. Meine Krankengymnastin erklärte mir neulich, sie würde jetzt meine Energiebahnen behandeln. Deren Existenz soll sogar mit speziellen Verfahren nachweisbar sein. Oft werden unkonventionelle Ideen als lächerlich abgetan, ohne sich damit wirklich befasst zu haben. Diese Tatsache ist in der Geschichte der Physik stets präsent gewesen, wenngleich so etwas höchst unwissenschaftlich ist. Darum möchte ich mich an dieser Stelle auch gar nicht wertend zu diesen Vorstellung äußern. Aber wir sehen, dass der Begriff der Energie recht umgangssprachlich gebraucht wird. Physikalisch hat der Begriff der Energie eine sehr konkrete Bedeutung: Energie ist, einfach gesagt, das Produkt aus Kraft und Weg,
E=F*s
Für einfache Wege (und Kräfte) kann man diese Formel direkt anwenden. Für etwas kompliziertere Fälle muss man "integrieren".
Die Bedeutung ist offensichtlich: Wenn Sie vom Einkaufen kommen und ihre Einkaufstasche bzw. die Bierkiste die Treppe hoch tragen, (ver-)brauchen sie umso mehr Energie dabei, je höher ihre Wohnung liegt. (Ich habe hier absichtlich nichts über den Weg vom Auto bis zur Tür gesagt. Warum wird in einem späteren Post geklärt).
Je mehr Energie mir zur Verfügung steht, umso mehr Kraft kann ich über eine bestimmte Strecke aufwenden, oder (alternativ) umso größere Strecken kann ich zurücklegen und dabei eine bestimmte Kraft aufwenden. Und das klingt schon sehr nach Arbeit. Energie und Arbeit sind im Prinzip ein und dasselbe, Energie "hat man", Arbeit "leistet/verrichtet man".

Energie ist die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten.

Im Straßenverkehr tritt insbesondere eine Energie auf, die so genannte kinetische Energie. Damit ist die Energie gemeint, die aus der Bewegung heraus resultiert. Die Formel dafür ist
E=1/2 m v²
Die kinetische Energie ist also proportional zur Masse "m". Außerdem wächst sie quadratisch (v² spricht man "vau quadrat") mit der Geschwindigleit "v". Das "1/2" erhält man aus der Mathematik und es ist hier nicht so wichtig.

Ok, und nun zum Straßenverkehr:
Sie fahren in der Stadt Auto. Ihr Auto hat eine Masse von, sagen wir 750 kg, Sie eingeschlossen. Ihre Geschwindigkeit beträgt, naja, sein wir realistisch, 60 km/h.
Damit haben Sie eine kinetische Energie von 104167 Joule.
Sie haben ein anderes Ergebnis. Freut mich, wenn Sie mitrechnen. Um die Maßeinheit "Joule" zu bekommen, muss man von "km/h" in "m/s" umrechnen, es kommt also ein Faktor von "1/3,6" hinzu. Dann sollten Sie eigentlich auch mein Ergebnis haben.

Jetzt fahren Sie auf der Autobahn, gemütlich mit 120km/h . Das Auto ist das gleiche. Nun haben Sie eine kinetische Energie von 416667 Joule.
Sehen Sie, dass sich die Energie vervierfacht hat, obwohl sich die Geschwigkeit nur verdoppelt hat? Das kommt wegen diesem ² an dem "v".

Nun überholt Sie dort jemand mit 180 km/h. Witzigerweise scheint es ein Doppelgänger von Ihnen zu sein, der zudem das Gleiche Auto wie Sie fährt. Diese Doppelgänger hat eine kinetische Energie von 937500 Joule. Das doppelte von Ihnen. Er fährt 3 mal so schnell wie Sie in der Stadt, hat aber eine 9 MAL (!!!) so hohe Energie, wie Sie hatten.


Ok, das ist alles ganz beeindruckend, aber was hilft mir das?

Nun ja, die Energie, die Sie haben, wenn Sie mit einer gewissen Geschwindigkeit fahren, müssen Sie ja irgendwie wieder loswerden, wenn Sie langsamer werden wollen? Sie können nicht einfach so stehen bleiben weil ihr Auto ja eine Masse hat und wir gelernt haben, dass Masse träge ist und sich weiter bewegt, bis eine Kraft auf sie einwirkt. Sie Müssen bremsen.
Wenn Sie bremsen nehmen die Bremsscheiben also die ganze kinetische Energie auf, die überschüssig ist. Dabei werden diese natürlich ziemlich heiß.
Sie können auch anders "abbremsen", nämlich indem Sie gegen irgend etwas fahren. Physikalisch gesehen übertragen sie dabei die kinetische Energie auf das Objekt mit dem Sie kollidieren. Jetzt kommt ein weiteres Newton'sches Axiom, das dritte:

Kräfte treten immer paarweise auf. Übt ein Körper A auf einen anderen Körper B eine Kraft aus (actio), so wirkt eine gleichgroße, aber entgegen gerichtete Kraft von Körper B auf Körper A (reactio).

actio= reactio

Das bedeutet, Ihr "Kollisionsgegner" wirkt auf Sie und ihr Auto eine Kraft aus und wirft somit gleich wieder Energie auf Sie zurück. Die muss ihr Auto aufnehmen, und zwar indem diese Energie Verformungsarbeit an Ihrem Auto leistet. Das sieht dann so aus:


Und wenn Sie einen Baum treffen haben Sie noch Glück. Schlimmer wird's natürlich, wenn die ein anderes Auto treffen, das Ihnen mit ähnlich hoher Geschwindigkeit entgegenkommt.


Übrigens: Wie sieht das eigentlich mit LKW's aus?
Ein mittelschwerer LKW hat eine Masse von etwa 12 Tonnen (12.000 kg) und fährt nur mit 80 km/h. Seine kinetische Energie beträgt stolze 2.962.963 Joule. Und die wollen Sie sicher nicht abbekommen.

So, ich bin jetzt für 2 Wochen weg und habe keine Internetverbindung. Aber wenn ich wieder da bin geht's weiter. Jetzt habe ich 1,5 Stunden fahrt auf der Autobahn vor mir und fürchte, ich hätte dieses Thema zu einem anderen Zeitpunkt behandeln sollen...

Gute Erholung,
Christian

Mittwoch, 27. August 2008

Was das Faultier über die Physik weiß


Von www.ruthe.de mit freundlicher Genehmigung, © Ruthe/Distr. by Bulls


Faultiere sind mit dem Ameisenbär und dem Gürteltier verwandt. Sie bewohnen die Baumkronen der tropischen Regenwälder Mittel- und Südamerikas. Fast ihr ganzes Leben verbringen sie auf dem Rücken hängend, einen Großteil dieser Zeit schlafen sie.

Was weiß das Faultier über die Physik?

Ein Faultier zeichnet sich scheinbar durch eine Eigenschaft besonders aus: Es ist sehr "träge".
Im Post "Pünktchen und A(n)tom" bin ich bereits darauf eingegangen, dass man sich einen Körper (also irgendetwas Materielles) als eine Anhäufung vieler kleiner Massenpunkte vorstellen kann. Damit hat der Körper ebenfalls eine Masse, die in Büchern "Gesamtmasse" genannt wird. Im Post davor, "Von Zeit und Geld", habe ich schon etwas vorgegriffen und Newtons Gesetz der Dynamik erwähnt, F=m*a. Darauf möchte ich noch einmal zurückkommen.

Die Gleichung F=m*a bedeutet: Die Kraft F ist dem Produkt aus Masse und Beschleunigung proportional. Wir haben die Bedeutung des Wortes Kraft noch nicht besprochen, aber Sie haben sicher eine recht gute Vorstellung davon, was Kraft ist. Und das genügt für's Erste auch. Im letzten Post, "Physik im Straßenverkehr (1)", habe ich (unter anderem) versucht zu erklären, was die Beschleunigung ist. Bleibt noch die Masse. Auch hier haben Sie sicher eine gute Vorstellung davon. Aber könnten Sie konkret sagen, was Masse ist?

Wenn wir die Formel betrachten ist die Masse ganz formal gesehen ein sogenannter Proportionalitätsfaktor. Wenn ich weiß, dass die Kraft proportional zur Beschleunigung ist (man schreibt dann F~a), kann ich noch nichts berechnen. Die Kraft könnte ja noch zu irgend etwas anderem proportional sein (und "irgend etwas" können natürlich auch mehrere Sachen sein). Andererseits tritt dieses "irgend etwas" wie die Beschleunigung auf der rechten Gleichungsseite als Faktor auf, als Proportionalitätsfaktor eben. In diesem Fall hat unser Proportionalitätsfaktor, "Masse" genannt, eine tatsächliche physikalische Eigenschaft: Die Masse ist "träge".

Was bedeutet das nun wieder?
Nehmen wir einen Massenpunkt. Dieser Massenpunkt ruht (das legen wir so fest). Und weil der Massenpunkt eben eine Masse hat, ist er träge und bleibt auch ruhend. Wie ein Faultier. Damit der Massenpunkt sich bewegt, muss eine Kraft wirken. Beim Faultier z.B. der Hunger als Kraft im übertragenen Sinn. Je größer die Kraft, desto größer ist die Beschleunigung, desto schneller kommt der Massenpunkt also "in Gang". Im Faultierbeispiel würde das bedeuten: Je größer der Hunger, desto schnelle bewegt sich das Faultier. Ob das jetzt in der Natur auch so ist sei dahingestellt.
Anders herum gilt das natürlich auch: Ein Massenpunkt, der sich einmal mit einer gewissen Geschwindigkeit bewegt, wird das auch weiter tun, es sei denn eine Kraft bremst ihn ab (oder beschleunigt ihn sogar noch). Im Faultierbeispiel könnte man vielleicht sagen, die bremsende Kraft ist die Müdigkeit. Scheinbar ist ein Faultier immer müde, denn allzu lange bewegen sich diese Tiere nicht.

Damit haben wir das Herzstück der klassischen Mechanik kennen gelernt, die ersten beiden Newtonschen Axiome:

1. "Ein Körper verharrt im Zustand der Ruhe oder der gleichförmigen Translation (=Bewegung), sofern er nicht durch einwirkende Kräfte zur Änderung seines Zustands gezwungen wird."

2.
Die Änderung der Bewegung einer Masse ist der Einwirkung der bewegenden Kraft proportional und geschieht nach der Richtung derjenigen geraden Linie, nach welcher jene Kraft wirkt.

Haben Sie schon einmal einen Menschen gesehen, den irgend etwas oder irgend jemand so richtig "auf die Palme" gebracht hat (ob das wohl wegen der Faultiere so heißt?)? Auf diesen Menschen hat auch eine gewisse Kraft gewirkt, und um ihn von der "Palme" wieder runter zu kriegen, ist auch eine gewisse Kraft nötig, nicht wahr.
Auch hier wieder eine Analogie: Wenn nun niemand die Kraft aufwendet, um den Kollegen von der Palme zu holen, bleibt der dann für immer da oben? Nein. Er beruhigt sich von selbst. Kleine innere und äußere Kräfte bremsen ihn langsam wieder runter. Innere Kräfte wären beispielsweise Vernunft oder Selbstbeherrschung, äußere Kräfte vielleicht ein Sonnenstrahl oder ein Blick auf's Familienfoto auf dem Schreibtisch. In der Physik ist es nicht anders und vor allem eine äußere Kraft spielt hier eine wichtige Rolle und ist in der Regel für das Ende jeglicher Bewegung verantwortlich: Die Reibungskraft. Und Reibung ist überall. Aber das soll uns an andere Stelle noch beschäftigen.

Nächstes Mal geht es dann, wie angekündigt mit "Physik im Straßenverkehr (2)" weiter, in der Trägheit eine große Rolle spielt. Zumindest sofern ich die Kraft dazu aufbringen kann...

Christian

Physik im Straßenverkehr (1)

Kennen Sie das Newton'sche Bewegungsgesetz für den Straßenverkehr?

Wer später bremst, fährt länger schnell.

Dieser Gag ist uralt, und man kann sich darüber streiten, ob er lustig ist oder nicht. Auf jeden Fall ist er ein Klassiker und ich kam nicht drum rum ihn in diesem Thema zu erwähnen.

Selten spielt für uns die Physik eine so offensichtliche und große Rolle wie im Straßenverkehr.
Wir fahren eine Strecke entlang , der Tacho zeigt uns die Geschwindigkeit , die Beschleunigung drückt uns in den Sitz,...
Wissen Sie noch, was diese Begriffe konkret bedeuten? Wenn nicht wiederholen wir sie jetzt. Falls doch, naja, dann lesen Sie ruhig trotzdem weiter.
Strecke oder Weg sind eigentlich einleuchtende Begriffe. Man kann sie zwar sehr kompliziert definieren, aber diese Feinheiten sind hier irrelevant.

Wie sieht's mit der Geschwindigkeit aus? Wissen Sie noch wie man das definiert. Wer mit Physik zu tun hat (Physiker, Ingenieure, Freaks, Geeks und Nerds), wendet gerne einen Trick an: Wenn man die Maßeinheit einer Größe kennt, kann man daraus oft die Definition der Größe ablesen.
Im Straßenverkehr ist die Maßeinheit für die Geschwindigkeit bekanntermaßen das "Ka em ha". "km" sind die Kilometer, "h" sind die Stunden. Angenommen, die Kilometerzahl ist 100 und wir rechnen mit einer Stunde. Richtig, das wären dann 100 Stundenkilometer. Und wenn die km-Zahl 200 ist und wir mit 2 Stunden rechnen? 2 Stunden, 200 km, das wären ja dann 400 Stundenkilometer...
Da stimmt doch was nicht!!!
Richtig. Wozu wir immer "k-m-h" sagen, oder was noch viel schlimmer ist, Stundenkilometer (was bitte soll denn ein Stundenkilometer sein?), ist eigentlich "k-m-/-h", "Kilometer IN EINER (oder pro) Stunde". Und natürlich, wenn wir in 2 Stunden 200 Kilometer zurücklegen, sind wir genau so schnell, wie wenn wir 100 Kilometer in einer Stunde zurücklegen: nämlich 100 km/h.
Sind wir das wirklich?
Gut aufgepasst. Korrekt muss es heißen, "Wir hatten eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 100 km/h". Wir können auch die erste Stunde nur mit 40 hm/h gefahren sein, dafür aber die zweite Stunde auf der äußersten Fahrspur mit 160 Sachen die Autobahn unsicher gemacht haben.
Geschwindigkeit selber ist etwas "momentanes", daher spricht man auch oft von der "Momentangeschwindigkeit". Um die Momentangeschwindigkeit zu bestimmen, misst man einen ganz kleinen Weg, der während einer ganz kurzen Zeit (nahe dem interessierenden Moment) zurückgelegt wurde. Je kürzer gemessener Weg und gemessene Zeit, um so genauer das Ergebnis. Man spricht von einem "Grenzwertprozess".
Und damit ist die allgemein Bekannte Formel in Erinnerung gerufen:

v= s/t

Geschwindigkeit ist also der zurückgelegte Weg ("s") durch ("/") die dafür benötigte Zeit ("t"). Diese Formel gilt auf jeden Fall, wenn man nicht beschleunigt. Man sagt dann, die Geschwindigkeit ist konstant (das bedeutet gleichbleibend). Ist sie das nicht, muss man, wie oben angedeutet möglichst kleine Stücke betrachten um ein möglichst genaues Momentan-Ergebnis zu erhalten.

Eine einfache Anwendungsaufgabe: "Wie lange sind Sie noch unterwegs, wenn Sie 400 km von ihrem Ziel entfernt sind und mit einer gleichbleibenden Geschwindigkeit von 100 km/h fahren können?" Bei solchen Fragen wissen manche Leute bei ihrer Vordiplomsprüfung schon keine Antwort mehr. Schwer zu verstehen...

Bleibt noch eins: Was ist Beschleunigung?
Beschleunigung ist die Änderung der Geschwindigkeit (mit der Zeit). Wenn Sie keine gleichbleibende Geschwindigkeit haben, dann müssen Sie beschleunigen oder beschleunigt haben. In Autoquartetts gibt es immer die sehr interessante Rubrik "Beschleunigung von 0 auf 100 (km/h)". Damit wird angegeben, wie lange ein Auto braucht um von 0 km/h auf 100 km/h zu beschleunigen. Es wird nicht die Beschleunigung selbst angegeben. Auch bei der Beschleunigung unterscheidet man die gleichmäßige Beschleunigung und die, richtig, ungleichmäßige Beschleunigung. Mit der ungleichmäßigen Beschleunigung kann man nicht gut rechnen. Nichts desto trotz ist so ziemlich jede Beschleunigung, der Sie im Straßenverkehr begegnen, ungleichmäßig. Ein Beispiel für eine gleichmäßige Beschleunigung ist die Erdbeschleunigung in nicht allzu großer Höhe (und deshalb waren auch die meißten Beschleunigungsaufgaben in der Schule "Fall-Aufgaben").
Bremsen ist in der Physik übrigens auch eine Beschleunigung, eben eine negative. Wie gesagt, Beschleunigung ist die Änderung der Geschwindigkeit mit der Zeit. Wie für die Geschwindigkeit können wir auch hier eine ähnliche Formel hinschreiben:

a= v/t = s/t²

Hier ist "a" die Beschleunigung und die anderen Größen sind ja bekannt. ("t²" bedeutet "t*t")
Und auch hier gilt wieder: Um die Momentanbeschleunigung zu bestimmen, muss ich die betrachteten Größen möglichst klein machen.

Soweit Teil 1. Nächstes mal geht es um Trägheit. Aber im darauffolgenden Post gibt es dann "Physik im Straßenverkehr (2)", und dann können wir uns mit den interessanten Dingen beschäftigen.

Aber: Augen auf im Straßenverkehr! Denn wir sind ja erst mit der Einführung fertig...

Gute Fahrt,
Christian

Dienstag, 26. August 2008

Pünktchen und A(n)tom

Kennen Sie den Kinderroman "Pünktchen und Anton" von Erich Kästner?
Hier geht es jetzt um etwas ganz anderes. Nämlich um das, womit Physikbücher klassischerweise immer anfangen (von Vorwörtern und groben Überblicken mal abgesehen): Die Mechanik von Massenpunkten.

Was ist ein Massenpunkt und wozu ist sowas gut?

Die kurze Antwort: Das ist ein Modell. Überhaupt ist in der Physik das meißte ein Modell, denn die Wirklichkeit kann beliebig komplex sein. Auch die Vorstellung, die die meißten Menschen von einem Atom haben, nämlich mit einem Kern und drum herum kreisenden Elektronen (wie im Logo -->) ist nicht korrekt. Aber solche Modelle kommen der Wirklichkeit recht nahe und, das ist der Clou, eignen sich um Phänomene recht gut zu beschreiben. Anders gesagt: Man kann damit rechnen, und die Ergebnisse passen zu dem, was wirklich passiert.
Zurück zum Massenpunkt. Das Modell ist das Folgende: Man stelle sich einen ganz ganz ganz... kleinen Punkt vor. Dieser Punkt habe nun eine gewisse Masse. Fertig!
Was es bedeutet, wenn etwas eine Masse hat, können Sie sich sicher intuitiv vorstellen. Deshalb gehe ich jetzt nicht weiter darauf ein, komme aber später darauf zurück.
Was habe ich nun davon? Die Betrachtung dieser kleinen Punkte genügt, um die Gesetzmäßigkeiten der Mechanik zu veranschaulichen. Denn die Gesetze, die Sie vielleicht einmal in der Schule gelernt oder zumindest gesehen haben, beschreiben meißt die Mechanik einzelner Punkte, nicht ganzer Körper. Warum eigentlich? Schließlich bestehen die Dinge um uns herum ja aus massivem Material und nicht aus kleinen Massenpunkten. Oder?
Das Stichwort Atom ist ja bereits gefallen. Die Wissenschaft hat gezeigt, dass alles aus kleinen Teilen aufgebaut ist. Ursprünglich dachte man, dass die kleinsten Teile die Atome (altgr. átomos -> unteilbar) sind. Heute weiß man, dass auch Atome wiederum aus kleinen Teilen bestehen. Das ist aber nicht weiter wichtig. Wichtig ist, dass alle Materie aus kleinen Massenteilen besteht, mit viel "Nichts" dazwischen.
Warum merken wir das nicht? Weil diese Teile einen Zusammenhalt haben. Deshalb sind Körper massiv und wir fallen nicht auseinander.

Sind Sie mir soweit gefolgt? Dann haben Sie vielleicht den Einwand, dass es ja unsinnig ist, von einzelnen Punkten zu sprechen, wenn diese doch alle zusammen hängen und als ein einziger Körper auftreten. Damit haben Sie natürlich vollkommen recht!
Gase kann man noch gut als Ansammlung vieler Massenpunkte betrachten. Und auch die Grundlagen der Mechanik lassen sich am besten an Massenpunkten veranschaulichen. In unserem Alltag jedoch wird es dann schwierig.
ABER: Da gibt es ein interessantes Konzept um trotzdem Körper als einzelne Punkte zu betrachten:

Der Schwerpunkt:

Vom Schwerpunkt haben Sie sicher schon gehört und können sich sicher wieder intuitiv eine Vorstellung machen.
Physikalisch ist er so definiert:
R ist dabei dieser Schwerpunkt (ein sogenannter Vektor), die m's sind die einzelnen Massen und die r's sind die Positionen dieser Massen.

Das ist recht theoretisch. Eigentlich sagt die Formel nur: Der Schwerpunkt ist in der effektiven Mitte aller Massenpunkte eines Körpers. Effektive Mitte? Nun ja, wenn die den Schwerpunkt einer Kugel (Bowlingkugel, Ball,...) suchen, dann ist der natürlich genau in der Mitte. Aber wie sieht es beispielsweise bei einer Birne aus? Oder einem Kegel? Diese Objekte sind nicht mehr so schön symmetrisch. Wenn die Masse "ungleichmäßig" verteilt wird, verlagert sich der Schwerpunkt in Richtung des "Ballungsgebietes" der Masse. Es ist im Prinzip wie ein Durchschnitt. Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten in einer großen Fabrik mit vielen Bandarbeitern und einigen wenigen Managern. Die Manager werden mehr verdienen als der normale Fabrikarbeiter. Aber wenn Sie den Lohndurchschnitt aller Angestellten (samt Bosse) bestimmen, wird er näher an dem Lohn der Fabrikarbeiter als an dem der Manager liegen.
So ist das mit dem Schwerpunkt auch.

Fazit: Jeder Körper hat einen Schwerpunkt der bestimmt werden kann. Für viele Situationen genügt es, den Schwerpunkt eines Körpers zu betrachten (nämlich dann, wenn es nur um Bewegungen des Körpers selber, nicht aber um Stöße oder Wechselwirkungen mit anderen Körpern geht).

Das ist sehr hilfreich. Wenn man die Bahn der Erde um die Sonne betrachtet, betrachtet man eigentlich die Bahn des Schwerpunktes der Erde um die Sonne (bzw. deren Schwerpunkt).

Nun habe ich das Ziel gesetzt, bezüge zum alltäglichen Leben zu liefern.
Wo kommt nun der Schwerpunkt im alltäglichen Leben vor?

Balancieren Sie manchmal auf dem Bordstein? Oder mussten Sie bei einer Polizeikontrolle schon mal diese Linie entlanggehen? Unter Umständen verliert man dabei schon mal das Gleichgewicht. Aber warum?
Wenn wir so durch die Gegend wandern, lastet unser Körper auf den Beinen, und zwar, der Breite unseres Schrittes entsprechend auf einer recht breiten Fläche. Wir haben hier keine Gleichgewichtsprobleme, meißt. Wenn wir nun aber, wie in den obigen Fällen, einen Fuß direkt vor den anderen setzen (und nicht weiter vorne daneben), dann wird diese Fläche ziemlich schmal. Unser Körperschwerpunkt liegt mittig und etwa in Höhe des Bauchnabels. Bewegen wir diesen Schwerpunkt über diese Fläche hinaus, merken wir, dass wir unser Gleichgewicht verlieren. Und dann machen wir etwas, was auf den ersten Blick völlig unsinnig erscheint: Wir lehnen uns mit unserem Oberkörper in die Richtung, in die wir gerade zu kippen drohen. Und das ganz intuitiv, wir denken gar nicht daran, dass das vielleicht nicht so gut sein könnte sich gerade dahin zu lehnen. Trotzdem funktioniert es. Warum? Weil wir dadurch unsere Hüfte, und dabei auch unseren Schwerpunkt, in die andere Richtung schieben. Und so kommen wir wieder ins Gleichgewicht.

Grüßere Auflagefläche und niedriger Schwerpunkt geben Stabilität. Das nutzt man auch beim Sport. Sehen Sie sich beispielsweise die Körperhaltung von Skifahrer, Snowboardern, Surfern, Rennradfahrern, Kampfsportlern, etc. an. "In Action" nehmen alle eine gebückte Haltung ein. Dadurch verlagert sich der Schwerpunkt nach unten und man ist Stabiler. Ja, der eine oder andere nutzt das auch um den Luftwiderstand zu vermindern, aber das schließt sich gegenseitig ja nicht aus.

Sie können auch einmal testen, wie eine Flasche besser steht, auf dem Boden oder auf dem Hals. Sie können es sich auch sicher denken. Auf den Hals gestellt ist eine Flasch weit anfälliger auf "Angriffe" von der Seite.

Mal was ganz anderes: Wissen Sie was ein Alphatier ist? Das ist ein Tier in einer Herde mit einer besonderen Eigenschaft: Alle rennen ihm hinterher. Das kann man unter anderem bei Schafherden erkennen. Anstatt eine ganze Herde zu betrachten, ist es manchmal einfacher das Alphatier zu betrachten, eben weil die anderen Tiere in der Regel ganz in der Nähe sind. So was gibt es bei Menschen manchmal auch, nicht wahr?
Sie sehen also, die Prinzipien, die in der Physik gelten, gelten oft auch in einem größeren Zusammenhang. Auf ähnliche Weise lassen sich auch viele Gesetze in der Physik von einem Maßstab auf einen größeren oder kleineren Übertragen. Das macht die Physik sehr leistungsfähig.
Alles scheint irgendwie zusammen zu hängen...

Das soll genügen.
Abschließend noch ein kleiner Verweis auf ein sehr interessantes Spiel:
http://www.20q.net
Lassen Sie den Computer einmal Ihre Gedanken lesen. Und wenn Sie wollen, schreiben Sie in den Kommentaren von Ihren Erfahrungen.

Christian

Sonntag, 24. August 2008

Von Zeit und Geld

Die schlechte Nachricht gleich vorweg: In diesem Post geht es um Mathe.
HALT!
Wenn Sie schon mal hier sind, versuchen Sie es doch wenigstens.

Achtung: Es ist NICHT wichtig diesen Post vollständig zu verstehen.

Die Idee hier ist einfach die Folgende: In der Beschreibung der Natur und ihrer Gesetzmäßigkeiten kommt man um Mathematik leider nicht drum rum. Darum will ich versuchen in diesem Post kurz die wichtigsten Begriffe zu erläutern. Es muss nicht gleich alles verstanden
oder gar behalten werden. Lesen Sie diesen Post locker durch und wenn später so ein Begriff fällt und Sie Fragen haben, kommen Sie einfach hierher zurück und lesen es nach.

Nochmal, es geht darum einen Sachverhalt durch eine Formel (oder auch Gleichung) zu beschreiben. Oder umgekehrt. Nehmen wir als Beispiel eines der bekanntesten "Natur"gesetze:

Zeit ist Geld!
Interessanterweise können sich Menschen meißt sehr gut etwas Vorstellen, wenn es um Geld geht. In einer Formel ausgedrückt könnte man also sagen
Zeit = Geld
Physikalisch gesehen ist das Blödsinn, denn das Gleichheitszeichen ("=") bedeutet, dass links und rechts davon das Gleiche steht. Und 1€ ist sicher nicht das gleiche wie 1 Sekunde. Stattdessen bräuchten wie ein Entspricht-Zeichen (das ist ein Gleichheitszeichen mit einem Dach drauf). Aber lassen wir das mal großzügig außen vor, denn dieser Zusammenhang ist schön anschaulich. Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten für einen Stundenlohn von 10€ (das ist nicht viel, aber mit 10 lässt sich gut rechnen).


Wir sagen etwas ist zu etwas anderem proportional, wenn beide in gleichem Maße zu- oder Abnehmen. Wie das Wort auch schon erkennen lässt: Pro Portion.
Ein Beispiel: Sie bekommen, wie gesagt, für eine Stunde Arbeit 10€ Lohn. Wenn Sie 2 Stunden Arbeiten, bekommen Sie auch 2 mal so viel Lohn. Würden Sie nur eine halbe Stunde arbeiten, würden Sie auch nur halb so viel Lohn bekommen.
1h=10€
2h=2*1h=2*10€=20€
1/2 h = 1/2 * 10€= 5€
Man sagt in diesem Fall: Der Lohn ist der (Arbeits-) Zeit proportional.
Nun haben Sie einen Chef, der verdient doppelt so viel wie Sie. Das bedeutet er hat einen Stundenlohn von 20€. Aber auch bei ihm ist der Lohn Proportional der Arbeit, er verdient für die doppelte Zeit das doppelte Geld.

Der Begriff der Proportionalität ist in der Physik sehr wichtig, weil in einem Gesetz immer irgendetwas proportional zu etwas anderem ist. Ein Beispiel auch hierzu ist das Ihnen vielleicht bekannte Gesetz
F=m*a,
was besagt, dass die Kraft proportional ist zur Masse und ebenso zur Beschleunigung. Wenn Sie ein Auto haben dass 20 Sekunden braucht bis es "von 0 auf 100" ist, brauchen Sie dafür eine gewisse Kraft, die es beschleunigt. Wollen Sie nun aber doppelt so schnell Beschleunigen können wollen, brauchen Sie auch doppelt so viel Kraft. Damit brauchen Sie dann auch doppelt so viel PS. Und wahrscheinlich auch Sprit, aber das ist ein anderes Thema. Sie können aber auch die Masse des Autos halbieren, dann gehts auch.

Etwas kann auch umgekehrt proportional (auch antiproportional) zu etwas anderem sein. In diesem Fall taucht dann der sogenannte Kehrwert (1 durch irgendwas) in der Formel auf. Dazu habe ich folgendes Beispiel bei Wikipedia geklaut: "Ein Bagger braucht fünf Minuten, um ein Loch von 4 Kubikmetern auszuheben. Wenn mehr Bagger am Loch arbeiten, geht die Arbeit natürlich schneller voran. So brauchen 5 Bagger zusammen nur noch eine Minute für ein Loch gleicher Größe." Dumm für den ersten Baggerfahrer ist jetzt natürlich, dass er nur ein fünftel der Zeit gebraucht hat und entsprechend auch nur ein fünftel des Lohnes für das Loch kriegt. Aber auf eine Baustelle gibt es ja genug zu tun. Den Arbeitgeber kostet es übrigens in beiden Fällen das gleiche (im zweit Fall muss er ja fünf Baggerfahrern ein fünftel dessen bezahlen, was er sonst einem bezahlt hätte). Auf solche Phänomene kommen wir zurück, wenn es um Energieerhaltung geht.

Die Zusammenhänge können natürlich komplexer sein. Wichtig ist erstmal nur, dass Sie die Funktion einer Gleichung verstehen. Verdopp'le ich die linke Seite, verdoppelt sich auch die rechte Seite, etc.

Zum Abschluss noch etwas erheiterndes.


Dies ist eine sogenannte Herleitung. Man nimmt eine Formel, formt sie um, bringt neue Informationen ein und gelangt zu einem neuen Ergebnis. Wie hier.


(Auf das Bild klicken zum Vergrößern)





An dieser Stelle bitte ich alle weiblichen Leser (sofern existent) um Entschuldigung und merke an: Physik ist, wenn man trotzdem lacht!

Christian

Am Anfang war das Wort...

... und zwar das Vorwort. Jedenfalls soll das hier so etwas Ähnliches sein.

Auf Bildung wird heute viel Wert gelegt. Selbst Menschen, denen ihr Gegenüber sonst völlig egal ist, fühlen sich oftmals scheinbar gezwungen darauf hinzuweisen, dass es nicht das "Einzigste" gibt oder hier und da der Genitiv Anwendung finden müsste. Und auch sonst haben viele Menschen den Drang zu zeigen, dass sie etwas wissen. So wird man mitunter schief angeguckt, wenn man den einen oder anderen Literaturklassiker nicht gelesen hat oder beim politischen Hin und Her durcheinanderkommt. Weiß man sich dagegen mal auf etwas aus dem naturwissenschaftlichen Bereich keinen Reim zu machen, stößt man meißt auf Verständnis. "Das habe ich auch nie verstanden" heißt es dann beispielsweise. Wer das nicht glaubt, der schaue sich einmal "Wer wird Millionär" an und achte darauf. Ähnlich sind die Reaktionen, wenn man auf die Frage "Was studieren Sie denn?" mit "Physik" antwortet. Es scheint als glauben manche Menschen nicht einmal an so etwas wie Physik.
Dabei sollte das eigentlich verwundern. Denn Physik bestimmt unser Leben und alles was um uns herum ist. Sie meinen, das ist wieder so ein toller Satz, den die langweiligen Lehrer früher auch immer rausgekramt haben? Ja natürlich! Aber welche Verletzungen tragen Sie davon, wenn Sie einen gramatikalisch falschen Kasus verwenden? Welche Folgen haben sie zu erwarten, wenn Sie "Don Quijote" nicht gelesen haben (haben Sie?)? Erleichtert es Ihr Leben, wenn Sie konkret wissen, was Überhangmandate sind? Ich glaube in allen Fällen kommen Sie weitgehend ungeschoren davon. Anders ist es, wenn Sie die Naturgesetze außer acht lassen oder ignorieren. Dinge die Leuchten sind meißt (!) heiß. Je höher die Fallhöhe, umso unangenehmer wird das Landen in der Regel (!). Und auch der Mensch kann Strom leiten.
Das wissen Sie alles? Glaube ich. Scheinbar hat Jemand gewusst, dass sich die meißten Menschen nicht so sehr für die Naturgesetze interessieren werden und daher zwei Schutzmechanismen eingebaut: Erfahrung und Instinkt.
Und trotzdem ist die Natur so interessant und faszinierend, dass es tatsächlich Spaß machen kann, sich damit auseiander zu setzen. Und das gilt auch, wenn nicht insbesondere für Physik. Physik gibt es wirklich!
Und dass das tatsächlich so ist, davon möchte ich Sie in diesem Blog überzeugen. Ich werde physikalische Gesetzmäßigkeiten kurz einführen, mit so wenig Formeln wie möglich, und dann im sogenannten Alltag nach Beispielen und Anwendungen suchen. Natürlich können Sie auch dem Naturwissenschaftler in sich nachgeben und sich beteiligen, beispielsweise durch Diskussionen im Kommentarbereich.

Ich würde mich freuen, wenn Sie hin und wieder mal vorbeischauen und mir die Chance geben, Physik für Sie etwas interessanter zu machen.

Christian
 
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